Dienstag, 31. Januar 2012

Warum Erzählungen über weinende Frauen die Frauen zum Weinen bringen

Statt mir an einem Dienstagabend wiedermal die neuesten Folgen amerikanischer Serien anzuschauen, stand heute ausnahmsweise das österreichische Fernsehen am Plan. Ein Duell, dass es so schnell nicht wieder geben wird: HC Strache vs. Armin Wolf. Nach einem kurzen Bericht über die skanadlösen Aussagen und Verurteilungen einiger FPÖ Politiker, saß der ausgebildete Zahntechniker gegenüber dem Politikwissenschafter (Bitte raten wer wer ist!). Der Anlass dieses Zwiegesprächs waren die Aussagen, die Strache am WKR-Ball zu einem STANDARD-Journalisten gesagt hatte, ohne gewusst zu haben mit wem er gesprochen hatte. Strache hatte sich und die Ballgäste als die "neuen Juden" bezeichnet, und die Protestaktionen gegen den umstrittenen Ball mit der "Reichskristallnacht" verglichen. Dabei stellt sich die Frage, wenn Strache pietätslose und inakzeptable Aussagen vor einem Fremden tätigt, was er dann alles seinen Stammtisch-Dreibier-Freunden sagt.


Aber nein, so war das natürlich nicht gemeint. Der Vergleich zur Judenhetze und zum Novemberpogrom sei so nie gezogen worden, das ist wieder einmal eine Verschwörung der Linken (wozu der STANDARD natürlich auch gehört) um weiterhin gegen die brave, demütige FPÖ zu hetzen. Und während Straches aufgerissene, blaue Hundeaugen sein tiefstes Mitgefühl für die Juden im Nationalsozialismus glaubwürdig machen wollen, weiß man als Zuseher, das er in Wirklichkeit nur ein Lügner ist. Und ein schlechter noch dazu.


Gut, die Hundeaugen funktionieren nicht. Armin Wolf tut nicht einmal so, als würde er ihm auch nur ein wenig glauben. Jetzt muss ein Plan B her. Jonathan Swift ist in seinem Essay A Modest Proposal auch schon draufgekommen, dass man Mitleid am Besten mit der Erwähnung von Frauen und Kindern erzeugt. Daran nimmt sich Strache nun auch ein Beispiel und erwähnt die "weinenden Frauen" und die "Angst um ihre Kinder". Das Problem ist jedoch, dass Jonathan Swift es sich leisten konnte im 18. Jahrhundert mit Frauen und Kindern Mitleid zu erzeugen. Aber im 21. Jahrhundert ist das Bild der Frau und der Familie eigentlich ein Anderes, es sei denn, man betrachtet die Frau als Haushalts- und Kinderbekommmaschine. Dieses Frauenimage der guten und tüchtigen Mutter entspricht dem der Nationalsozialisten. Wenn also Strache versucht hat, mit dieser Mitleidstour nicht nur Neonazis anzusprechen, so ist ihm das wahrscheinlich nicht gelungen. 


Nun gut, zurück zum "neuen Juden". Strache erklärt in welchem Kontext diese Aussagen getätigt wurden, um das große "Missverständnis" aufzuklären. Er habe diesen Vergleich nie gezogen, er habe lediglich gemeint, dass er sich in die Situation der Juden während des Novemberpogroms hineinversetzen hat können und sehr wohl Ähnlichkeiten der Umstände sieht. Also nein, es ist kein Vergleich und keine Verharmlosung gewesen, sondern nur ein Vergleich und eine Verharmlosung gewesen. Armin Wolf fällt dies sofort auf und spricht Strache auf den neu gezogenen Vergleich an. Nein, das ist wiederum kein Vergleich gewesen sondern ein etwas umformulierter Vergleich. Und so geht es weiter und weiter, bis man draufkommt, dass es keinen Sinne ergibt, den Herrn Zahnarztassistenten zum "Geständnis" zu bringen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass er solche Dinge nicht nur gesagt hat, sondern sie auch seiner Meinung vollkommen entsprechen. Und da kann man sich dann nunmal schwer rausreden. 


Aber Hauptsache die Linken sind schlimmer als die Rechten. "Wäre die Polizei nicht gewesen, wären wahrscheinlich Menschen gestorben", behauptet Strache. Stellt sich nur die Frage wer das Opfer gewesen wäre - die linken Trommler mit Peace-Tattoos oder die Schmissbacken mit dem Säbel am Gürtel. Das Fazit des Gespräches ist, dass der FPÖ-Parteichef mit seiner guten Rhetorik seine schwache Argumentation, seine Nervosität, seine Taktlosigkeit und insbesondere seine Dummheit nicht überdecken kann. Ich hoffe doch, dass das eines Tages auch seine Wähler einsehen werden. Und was genau die Frauen zum Weinen gebracht haben soll, wissen wir noch immer nicht. Die Cargohosen und die Dreadlocks waren es jedenfalls nicht. 

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