Donnerstag, 23. Dezember 2010

Aus dem Tagebuch von Josef dem Schreiner

Mittwoch, 24.12.0000

"Scheiße. Scheiße, scheiße scheiße verdammt noch einmal! Jetzt stehe ich da in der Kälte mit meinem schwangeren Weib und ich hab so einen Hunger! Mein Leben ist momentan eine absolute Katastrophe. Und dabei habe ich doch wirklich nichts getan!

Vor einem Jahr war alles noch in Ordnung. Ich war ein erfolgreicher Schreiner und habe eine schöne Frau kennengelernt, namens Maria. Natürlich habe ich mich sofort in sie verliebt, aber im Nachhinein muss ich sagen, so anders und besonders ist sie jetzt auch wieder nicht... Naja auf jeden Fall hatte sie einen Wunsch, und zwar, dass wir mit dem Sex warten. Ja ist machbar, dachte ich mir, ich mein es gibt ja auch so etwas wie Selbstbefriedigung ;) So lief alles gut, doch plötzlich wurde sie immer dicker. Und fetter und größer und molliger. Ich wollte mich schon von ihr trennen, und gerade als ich das Thema angeschnitten hatte, begann sie fürchterlich zu plärren und jammerte etwas von einem Baby in ihrem Bauch. Ich verstand genau Bahnhof, wie sollte sie schwanger sein wenn wir keinen Sex gehabt hatten? Hatte sie mich etwa betrogen?

Nach einigen Wochen war ich mir sicher - das Kind musste von einem anderen Mann gewesen sein. Ich wollte sie eh schon verlassen, aber dann kam so ein blonder Gaylord mit Flügeln und erklärte uns, dass Kind sei von Gott selbst! Ich wusste sofort, da ist so eine komische Sekte im Spiel. Ich habe gehört die Zeugen Jehovas sind ein Haufen Schwindler, die wollten sich sicherlich einen Jux machen. Aber meine Verlobte konnte ich davon nicht überzeugen, sie glaubte nämlich wirklich dass Kind sei von Gott. Ich weiß bis heute nicht was ich glauben soll; ja wahrscheinlich hatte sie eine Affäre. Aber ich liebe sie nunmal und sie ist wirklich nichts ohne mich, darum beschloss ich sie nicht zu verlassen.
Ja und was nun? Jetzt wandern wir in der Wüste herum, hungrig, meine Verlobte ist hochschwanger und das Kind ist nicht einmal von mir. Wir waren schon bei vier Wirten und haben um Logis gebeten um den Bastard zu gebären, aber sie haben uns alle in einem sehr unfreudlichen Ton weitergeschickt. Der letzte hat gemeint ein paar Kilometer weiter ist eine Schenue, da sollen wir die Nacht verbringen. Schauen wir etwa aus wie Kühe?? So eine Frechheit aber auch..."
Donnerstag, 25.12.0000

"Der Bastard ist auf der Welt, Maria meint er hat sogar ein paar meiner Gesichtszüge. das sagt sie aber sicher nur um mich bei ihr zu behalten. Auf jeden fall war das die seltsamste nach meines Lebens! Als wir in der Scheune ankamen, lag Maria schon in den Wehen. Und als das Kind auf die Welt kam, ein kleiner Junge, standen plötzlich ein Esel und ein Ochse vor der "Krippe" (es war eine Strohnische aber ich musste es vor eine gebärenden Frau ein bisschen euphemisieren)

Dann kamen drei sehr seltsam angezogenen Männer mit vielen Geschenken dabei. Ich habe mich schon total gefreut, schließlich war ich hungrig und gegen wertvolle Geschenke hatte schließlich noch niemand etwas. Ich wollte sie schon empfangen, aber die Drei gingen einfach an mir vorbei! Sie sagten, die Geschenke seien für das Kind, denn Jesus der heiland sei heute geboren worden. "Jesus!?", dachte ich mir. Ich wollte meinen bzw. nicht meinen Sohn eigentlich Kevin nennen! "Marichen", sagte ich "wir nennen unser Kind schon Kevin oder? Nur weil die Seltsamen da etwas von Jesus faseln. "Nein, Joschi, Jesus find ich eigentlich einen sehr schönen Namen! Ich möchte, dass er so heißt!" Das wars auch schon. Nicht einmal bei einem Kind das nicht von mir war durfte ich den Namen aussuchen!

Ich meine, man würde sich doch denken, dass wenn man schon bei seiner Frau bleibt die schwanger ist von einem anderen Mann, einen anlügt und sagt es wäre von Gott und seinen Beruf sogar aufgibt für den bastard, dass man dann wenigstens etwas bei der Namensentscheidung mitzureden hätte! Jedoch muss ich zugeben, der kleine ist schon süß - und wer weiß, vielleicht wird ja wirklich einmal aus ihm etwas Großes..."

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Sparkling Treat #4

Zuerst mal ein ganz tolles Gedicht:

Der Asra

Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern.

Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.

Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft!

Und der Sklave sprach: Ich heisse
Mohamet, ich bin aus Yemmen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.

Heinrich Heine



der letzte vers gefällt mir besonders gut!!


Hier ein paar Gedankenfetzen:

  • Kein Volk auf der ganzen Welt ist unfreundlicher als die Wiener. Ich bin in der jüdischen Jugendgruppe Hashomer Hatzair als Madricha (Gruppenleiterin) tätig, und meine Kinder sind ca. 10-11 Jahre alt. Letztens haben wir ein Spiel gespielt, bei dem es darum ging zuerst Kakaobohnen (Schokotrüffel) zu finden, und sie dann gratis an Menschen zu verteilen. Ich dachte, das wird schon nicht allzu schwer sein, denn schließlich mögen ja die meisten Menschen Schokolade und süße Kinder. Tja, falsch Gedacht. Nach einer Stunde im ersten Bezirk sind wir erst alle 8 "Kakaobohnen", und wurden von den Leuten auf der Straße behandelt als würden wir sie überfallen wollen. Ein älteres Ehepaar dachte zuerst die Trüffel ist eine Bombe und wir sind Terroristen; als wir dann eine aßen dachten sie wir sind rumänische Straßenkinder und wollen sie verprügeln und ausrauben. Irgendwann mussten wir unsere Taktik ändern und haben dazugesagt, dass das für ein Spiel ist. Der Erfolg blieb trotzdem aus. Unsere Rettung waren dann Touristen, denen wir die Trüffeln einfach in die Hand drückten. Unglaublich oder? Wir sind es überhaupt nicht gewohnt etwas zu bekommen von Fremden, aber muss man dann gleich so reagieren besonders vor Kindern??
  • Guten Indierock gibt es von "Camera Obscura", besonders gefällt mir das Lied "French Navy"
  • Tavi Gevinson hält sich zwar für eine Modegöttin, aber ganz ehrlich: wenn man sich als 13-jährige so hocharbeitet nur durch bloggen, was ist man dann? Großes vorbild von mir, ehrlich gesagt! Vielleicht sollte ich auch anfangen auf Englisch zu posten um mein Leserspektrum zu erweitern

  • Für alle die es noch nicht mitbekommen haben: unser lieber Herr Heinz Christian Strache war auf einer Israelreise. Fortschrittlich, nicht wahr? Nein. Denn a) hat er nur mit rechtsextremen Siedlern gesprochen und b) in Jad Vashem, dem großen Memorial und Museum für den Holocaust, eine Burschenschaftlerkappe getragen. Ich glaube, ich muss nichts dazu sagen.
Naja, das wars auch schon für heute, ich werde in nächster Zeit wenig bloggen können da ich mit dem Hashomer Hatzair wegfahre. Aber zum Abschluss gibt es natürlich noch ein gutes Zitat, das zu meinem vorigen Post passt.

"Später ist zu spät" - Peter Altenberg


a verry merry christmas
izze

Dienstag, 21. Dezember 2010

Brief an das Christkind

"Was wünschst du dir zu Weihnachten?", ich kann diese Frage nicht mehr hören! 1. Weil ich kein Weihnachten feiere und jeder der mich kennt sollte das mittlerweile schon wissen, und 2. weil es mich zum Nachdenken bewegt. Was wünsche ich mir? Lange habe ich überlegt, und bin zu dem Schluss gekommen ich habe ziemlich viel, vielleicht sogar zuviel. Mehr als man haben kann. Darum brauche ich mehr Platz für mehr Sachen. Also ist mein ultimativer Weihnachtswunsch: Zeit!

Ein Tag hätte 32 Stunden, und wir bräuchten trotzdem nicht mehr als 7 Stunden Schlaf. Ich wäre zwar mehr in der Schule, dafür hätte ich aber schon abgeschlossen und hätte bessere Noten gehabt weil ich mehr Zeit zum Lernen gehabt hätte. Ich wäre mittlerweile schon eine Starflötistin weil ich jeden Tag eine Stunde üben würde. Ich würde meine Freunde öfters sehen, mit meiner Familie essen und am Abend noch genug Zeit haben ein Buch zu genießen. Und natürlich zu bloggen! ;) Und wenn ich so darüber nachdenke, wer wünscht sich schon Geld oder Ruhm oder Liebe wenn er Zeit haben kann? Was ist dieses undefinierbare Ding, dass uns so bewegt?

Ein sehr guter Freund von mir hat mir letztens erklärt, dass er glaubt die Zeit ist reine Erfindung der Menschen. Es gibt sie nicht wirklich, nur wir leben danach. Aber wenn das so wäre, wie würden wir dann altern? Andererseits, wieso nehmen wir Zeit verschieden lang wahr? Ich habe natürlich sofort eine Diskussion mit ihm angezettelt weil ich sehr wohl an die Zeit glaube. Ich sehe sie als die vierte Dimension in der wir Leben, da sie eine Art Bewegung ist. Dazu muss ich aber sagen, ich bin eher geisteswissenschaftlich orientiert und habe mit der Physik leider nicht soviel am Hut. Also zurück zur Zeit: sie ist eine Bewegung, in der wir uns mit bewegen, und ich glaube nicht daran dass man in dieser Bewegung Ort und Zeitpunkt wechseln kann, sprich man kann nicht Zeitreisen. Aber warum kontrolliert diese abstrakte Bewegung unser Leben? Warum mischt sich die Zeit ständig in unsere Angelegenheiten und beeinflusst unsere Handlungen?

Was wenn es sie wirklich nicht gibt, genauso wie die Mathematik, was dann? Kann ich mir Zeit überhaupt wünschen, wenn sie nicht existiert. Hilfe, mein Kopf brummt schon vor lauter unlösbaren Fragen. Kurzer Gedankeneinschub: Wenn wir den Einfluss der Zeit in unser Leben kritisch hinterfragen, sollte es uns doch möglich sein ihn mehr zu kontrollieren. Denn was verursacht z.B. Stress? Zeitmangel. Und der wird von der Zeit beeinflusst. Wenn man jetzt nicht selbstverständlich hinnimmt, dass die Zeit so existiert wie wir glauben, dann sollte es uns möglich sein die Zeit für einige Zeit zu ignorieren.

Genug philosophiert, Fazit ist: Ich wünsche mir mehr Zeit, vielleicht geht dass auch dadurch sie mir weniger zu wünschen und mich weniger mit ihr zu beschäftigen.

Chag Sameach!